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Praxis-Tipp 001

Wenn Facebook und Twitter zur Schneckenpost verkommen.

3 Dinge, die Unternehmen besser als der Flughafen Stuttgart machen sollten.

Stuttgart/Reutlingen 31.07.2016
Der Flughafen Stuttgart gehört zur TOP 10 in Deutschland. Stetig wächst er, ein Parkhaus nachdem anderen entsteht und auch die Angebote rechts und links der Abfertigungshallen werden kontinuierlich ausgeweitet. Selbstverständlich hat so ein Flughafen neben der obligatorischen Internetseite auch eigene Kanäle auf Facebook, Twitter und selbst auf Snapchat. Leider zeigt sich die Qualität dieser Kanäle erst in einer kritischen Situation.

Das Socialmedia-Team des Flughafens macht an sich einen guten Job und informiert regelmäßig in unterhaltsamer Form über die Geschehnisse auf, in und über dem Flughafen. Bereits seit einiger Zeit folge ich @FlughafenStuttgart und weiß, dass auf Kommentare, die man zu den Beiträgen hinterlässt, sehr schnell reagiert und individuell geantwortet wird. Wie viele große Unternehmen hat die Flughafengesellschaft erkannt, dass sich z.B. über Snapchat eher jüngere Nutzer ansprechen lassen um sie für eine Ausbildung innerhalb des Flughafens zu animieren. Umso erstaunlicher und unverständlich für mich, dass man Facebook und Twitter quasi abstellte, zu einem Zeitpunkt als Informationen dringend notwendig waren.

Was war geschehen. Am Sonntag Vormittag  blieb eine Maschine unglücklich neben der Piste  stehen. Die genauen Umstände  spielen an dieser Stelle keine Rolle, wichtig nur, dass niemand zu Schaden kam. Eine Folge allerdings war, dass am Sonntag des ersten Ferienwochenendes Starts und Landungen in Stuttgart für ca. 5 Stunden nicht möglich waren und Flüge umgeleitet werden mussten.

Sehr zeitnah wurden auf Facebook und Twitter folgender Post veröffentlicht:
„Bitte haben Sie Verständnis, dass alle aktuellen Informationen zur Zeit nur auf unserer Webseite stehen: www.stuttgart-airport.com

airport
(Quelle: Facebook/Flughafen Stuttgart am 31.7.2016)

Die Verantwortlichen rechneten allerdings wohl nicht ernsthaft damit, dass die Nutzer von diesem Angebot Gebrauch machen würden, denn sonst hätten Sie die Serverleistung verstärkt. So jedoch war die Seite über Stunden nicht erreichbar. Keine Chance für alle, die sich über aktuelle Ankunfts- und Abflugzeiten hätten informieren wollen. Ich vermute, man wollte durch die zurückhaltende Informationspolitik auf der einen Seite einen Ansturm von Sensationstouristen vermeiden und auf der anderen benötigten die Verantwortlichen Zeit um die Situation einzuschätzen und einen Plan zu entwickeln. Manchmal ist es nun einmal so, dass das reale Leben den Redaktionsplan für Socialmedia-Kanälen über den Haufen wirft. Jetzt zeigt sich ob Unternehmen Socialmedia technisch und inhaltlich verstanden haben und flexibel und der Situation angemessen reagieren.

Für das Team vom Flughafen Stuttgart muss ich sagen – nein, sie haben es nicht verstanden. Der erste Fehler war der oben beschrieben Post mit dem Verweis auf die Homepage, die unter dem Ansturm zusammenbrach. Gibt man nur wenige Informationen preis heizt dies die Spekulationen an. Glücklicherweise berichteten schnell die ersten Nachrichtenmedien. Auch Personen, die vor Ort waren, ergänzten den Beitrag des Flughafens durch eigene Fotos. Es ist ein gravierender Denkfehler zu hoffen, dass  man die Bilder einer „schlecht parkenden“ Maschine so hätte verhindern können.

Mein Tipp daher an Unternehmen oder Organisationen zum Umgang mit Informationen:

Will ich Herr der Nachrichtenlage bleiben, muss ICH die Kanäle mit entsprechenden Informationen versorgen, ansonsten darf man sich nicht wundern, wenn andere Spekulationen und  Informationen verbreiten.

Noch schlimmer bewerte ich, dass die Verantwortlichen zudem offenbar das technische Zusammenspiel zwischen Homepage, Facebook und Twitter nicht verstanden haben oder falsch eingeschätzt haben. Kaum ein Unternehmen wird es mit der Serverleistung der Socialmedia-Größen aufnehmen können. Gut, auch dort kam es schon zu Ausfällen, doch bei globalen Großereignissen wie Sport oder  aktuellem Weltgeschehen sind diese Seiten meist sehr gut verfügbar. Was lernen wir also daraus?

Muss ich mit einem Ansturm auf meine Internetseite rechnen, verlagere ich meine Informationsstrategie besser in Richtung von Facebook und Twitter.

Erst kurz vor 14:00 Uhr, und nach massiven Beschwerden einiger User auf Facebook, meldet sich airport_stuttgart hier und auf Twitter wieder mit aktuellen Infos zu Wort.

 

Der Verweis auf die Airport-Website war noch aus weiteren Gründen kontraproduktiv und zeugt von wenig praktischem Verständnis. Die Apps für Facebook, Twitter oder Snapchat laufen auf vielen Smartphones, die Chance hier die Zielgruppen direkt oder über geteilte Links zu erreichen ist schon einmal relativ hoch. Abgesehen davon konnte ich keinen richtigen Hinweis auf der Homepage über generelle Verspätungen entdecken, aber das mag eine Momentaufnahme sein, als ich die Seite einmal erreichte. Da ich nicht direkt betroffen war, wollte ich diese nicht unnötig blockieren. Später jedoch sah ich mir die Webpage erneut an, diesmal am Handy, wie es wohl die meisten Reisenden unterwegs tun würden. Die Seite des Flughafen Stuttgart ist optimiert für mobile Geräte, das bedeutet sie ist Daumen freundlich, passt sich automatisch der Bildschirmgröße an und auf unnötigen Schnick-Schnack wird verzichtet um Ladezeiten zu verkürzen. Leider fällt diesem an sich guten Gedanken auch die Rubrik „Aktuelles/Newsroom“ zum Opfer, wo später der Hinweis erschien, dass der Flugbetrieb wieder ordnungsgemäß aufgenommen wurde. Um die Rubrik angezeigt zu bekommen, hätte man zur Desktop-Variante wechseln müssen. Doch woher soll man’s wissen?
Deshalb noch weitere Tipps von mir:

Versetzen Sie sich in die Situation Ihres Kunden und überlegen Sie wie er sich vermutlich verhalten wird. Zudem sollten Sie sich auch Ihre eigene Internetseite auf verschiedenen Endgeräten ansehen, um ein Gefühl dafür zu bekommen was die Besucher Ihre Homepage eigentlich zu sehen bekommen.

Wer Facebook und Twitter nur als Werbekanal sieht, hat den Sinn und Hauptnutzen von Socialmedia leider nicht verstanden. Bei Facebook oder Twitter geht es um Kommunikation mit den Kunden und die schnelle Verbreitung von Informationen, gerade wenn es einmal darauf ankommt.